Transkription von Ms 511
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Mein lieber W---------------------------------
Sie sind mir unerträglich, daß Sie, um ihre Eylfertigkeit im Schreiben zu entschuldigen, sich auf ihre wichtigen Geschäfte und auf ihre Aemter berufen, die gegen der einzigen Stelle die ich armer Hofjunker begleite, nur Erholungen sind – Ihre Creys-Einnahme? Nun – wenn Sie darüber klagen wollen daß Sie alle Wochen etliche mal Ihren zweysilbigen Nahmen unterschreiben müßen – was soll ich denn thun, der oft zu halben Tagen sitzen muß – Contracte zu entwerfen, Rechnungen – Trauscheine – und hundert andre Sachen, zu auctorisiren – Condolenzen, Gratulationen, Gevatter-briefe und Dedicationen zu beantworten, die fast täglich haufenweis zu meiner Durchlauchtigsten Herrschaft geflogen kommen! Ihr Ehestand, den, Ihnen auch ein Amt zu nennen beliebt hat – ist wenigstens eins, wonach ich seufze, und das so wichtig es mir auch seyn würde, mich doch nicht abhalten sollte an meine Freunde zu schreiben – Je öfter man ein immerwährendes Vergnügen unterbricht, desto länger bleibt es uns ar,men Sterblichen neu, und desto mehr gewinnt es an Reitzung; - da ich immer gehört habe daß diese metaphisiche Regel sehr viel wahres bey sich haben soll, so würde ich mich auch in der Liebe darnach richten, und wie kann man die Freuden der Liebe beßer unterbrechen, als durch Pflichten der Freundschaft. Q. E. D.
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[Von anderer Hand ?]: An Herrn Felix Weiße
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Mit Ihren übrigen angeführten Aemtern dürfen Sie sich noch weniger entschuldigen – Sie haben als Schriftsteller und Poet Ruhm genug in der Welt erlangt; Ein jeder andre würde sich damit begnügen laßen; Sie haben schon eine ganze Welt von freunden – schreiben Sie also blos für diese und suchen Sie sich nicht noch mehrere in dem Publico zu erwerben – Ihre Correspondenz mag freylich wohl groß seyn, indeß glaube ich doch daß Sie manchen davon ausschließen könnten, der Ihnen in seinen Briefen ebenso wenig neues zu sagen weis als ich, und deßen Herz Sie nicht halb so lieb hat als das meinige -----
Ebenso wenig bin ich mit Ihrer Ausrede zufrieden womit Sie mir Ihr und Ihres Geliebten Portrait abschlagen – Aber meine Rache ist schon fast gesetzt, denn von nun an, will ich den sinnreichen Berloqva [?] mit Ew: Hochselgeb. [?] Schatten, so lange an meiner Uhr tragen als noch ein ganzes Stück daran ist – und wenn je,mand über Ihr häßliches Gesicht die Hände zusammen schlägt, will ich kein Wort darbey verliehren sondern meine herzliche Freude haben, daß Sie bey jedermann ser Sie durch m ich kennenlernt, unschuldiger Weise in solchen Miscredit kommen, damit Sie sehen daß es mein Ernst ist, so will ich auch gleich den einen Theil meiner Uhrkette von der Last seines goldnen Spielwerks befreyen und das gelehrte Menschen dran hängen –
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Es ist geschehen – und zum Zeichen meiner Rache schencke ich Ihnen hier die Raritäten die ich abgeschraubt habe; Wenn dieses Geläute noch nicht in den goustösen [?] Leipzig aus der mode ist , so können Sie Ihre Uhr damit behängen – und nach und nach ein Stück nach dem andren verliehren, wie ich zu thum pflege –
Wenn Sie glauben daß ein paar Dietriche zu viel kosten, so mag ich sie nicht – Sie haben freylich recht daß eine volle Geldbörse eine gute Sache ist – aber es ist doch auch überaus angenehm, sie nach seinem Geschmack auszuleeren und ich habe immer an schönen Gemählden ein großes Vergnügen gefunden – ob ich gleich nur ein halber Kenner bin. Vor einen Wochen habe ich drey recht schöne Stücke – und recht wohlfeil gekauft – worunter eines von Albrecht Durer [Dürer] auf Holz gemahlt aber sehr beschädigt ist; Wüßte ich daß sich Oeser die Mühe nähme es auszubeßern so wollte ich es Ihnen zuschiken; es stellt die Geiselung Christi vor, hat die Größe eines Quartblatts und ist gewiß recht schön, desgleichen habe ich auch drey Zeichnungen vom la Fage, gekauft, für so geringes Geld, daß ich keinen kleinen Profit gemacht zu haben glaube; Sie wißen daß diese Zeichnungen für die Liebhaber sehr theuer sind und Sie dürfen nicht zweifeln daß die meinigen nicht
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Originalin sind – Gott vergelte es Ihnen wenn es wahr ist daß Sie darauf denken mir eine reiche Frau zu verschafen [?]. Ja mein lieber W., wenn Sie mich glücklich verheurathen so soll noch kein Mensch einen so schönen Kupplbelz bekommen haben, als ich Ihnen zum geschenk machen will; Die 40000 rth. der Fräul. Homann wären freylich ganz gut – und wider ihren Adel wollte ich auch keine Einwendung machen, der KaufmannsAdel ist zu unsern Zeiten, der angesehnste, aber es finden sich wohl andre Schwürigkeiten denn wenn ich mich nicht sehr in ihrer Persohn irre, so deucht mich, sie ist ein wenig coquet und auch schon ein gutes Mädchen ist, so wollte ich würklich mich nicht lange besinnen – Schaffen [?] Sie mir auch nur sonst eine andre wohlerzogene Kaufmannstochter, die mir durch ein hübsches Vermögen und durch andre Reitzungen den Mangel des Adelstandes ersetzt – so soll mir dieses Vorurthel nicht im Wege stehen – und vielleicht lebe ich um so viel glücklicher mit ihr –
Ich habe einmal von einer Fräul. Marschall in der Gegend bey Wurzen – gehört, die wohlerzogen und jung und reich seyn soll – erkundigen Sie sich doch nach dieser Persohn etwas genauer – doch ich muß nur von meinen Heurathsgedanken abbrechen, sonst fülle ich noch einen Bogen damit an!
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Die Dithyramben habe ich nicht gesehen – Sind sie schön, so schocken Sie mir solche mit der Biblioth. d. sch. W. so wie auch die Poetique Francoise [francaise!] die Annette et Lubin des Marmontel (die Operette nehmlich) gelesen, leyhen Sie mir sie doch auf eine Woche denn Sie haben Sie ohnfehlbar, und in Leipzig ist sie nicht zu haben – damit Sie mit der Bezahlung der ersten beyden Werkchen nichts zu thun haben, so geben Sie nur Gedicken [?] die rechnung davon –oder tragen Sie ihm die ganze Comission wieder auf – Er legt gern für mich aus, und hat mit immer Etwas zu schicken. Wegen der Recension des Zachariä, verspreche ich nichts – Was Henker soll man mit einem Mann anfangen, der den Ruhm eines guten Dichters bey jedermann hat, und ihn doch nicht behauptet – Tadeln soll man ihn nicht und doch sind die wenigsten seiner neuen Stücke zu loben; Am besten ist es allemal daß man dergleichen Werke gar nicht erwähnt und das Stillschweigen eines Critici bey einem solchen Mann ist selbst schon eine Critic. Ihr Anerbiethen das Sie mir wegen meines comischen Gedichts thun, ist mir sehr lieb – Itzo hat es nur noch mein Bruder in Gotha bey sich, der es durchliest, so bald ich es wieder erhalte werde ich es Ihnen nebst meinen Gedanken, wie ich es gedruckt haben
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haben möchte, überschicken – Ich habe es an vielen Orten sehr verbeßert aber das Ganze war mir unmöglich umzuschmelzen – Sie dürfen mir es auch nicht übel nehmen daß ich hin und wieder ihrer Critic nicht gefolgt bin –ich habe es aber nirgends unterlaßen als wo es eben eine Stelle war die andern Persohnen gefallen hatte – Wenn der Diacon Münter die Correctur übernähme so würde ich dieses selbst als eine kleine Rechtfertigung meines gedichts ansehen – da die Hauptpersohn der Satyre, ein pedantischer Geißtlicher ist, so müßen Sie gewiß wißen daß der H. [?] Münter ein Mann sey, der dergleichen Satyren übersieht – weil er sicher ist, daß sie ihn nicht treffen kann, und der das Vorurtheil nicht hat – man müße gegen das Lächerliche eines Geistlichen keine Augen haben – Ist der H. [?] Diaconus so ein Mann, so tragen Sie ihm die Correctur auf –
Winckelmanns Historie d. K. [Geschichte der Kunst des Altertums] habe ich gesehen, so wie ich auch schon die Nachricht von seinem andern Werke in der gelehrten zeitung gelesen habe; hierby [?] fällt mir Etwas ein: Es hat mein gnädigst. Herr, der Erbprinz
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bey der ersten Herausgabe des bekannten großen Werks der Dresdner Bildergallerie auf ein exemplar praenummeriert und auch den ersten Theil erhalten, weiter aber noch nichts – Nun hat mich der Aufseher über die Bibliothek des Erbprinzen gebethen mich dieseswegen [?] an jemanden in Dresden zu adresssi[ren], ich kenne aber kinen Menschen den ich so etwas auftragen könnte – Wie ware es denn mein lieber W. wenn Sie sich an Hagedorn wendeten und sich nach der Ursache erkundigten, warum der Erb prinz sein Exemplar nicht vollständig bekommen hat, da doch auf dem Titelblatt wie gewöhnlich, sein Nahme als Praenumerant gedruckt steht, und es allso nothwendig dem beyzumeßen ist, der das Werk ausgiebt, daß dem Erbprinzen das Exemplar mit seinem Nahmen nicht nachgeschickt worden ist, so bald als es herausgekommen. Hagedorn wird ohnfehlbar am besten die Einrichtung dieses Werks wißen und am ……….. [???] behülflich sey können, daß was noch an dem Werk fehlt, dem Erbprinzen zu verschaffen, da es durch die Praenumeration schon sein gehört. Sagen Sie mir doch auch
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hat nicht Hagedorn einmal sein Cabinet verkaufen wollen? Ist er es noch willens? Und wie hoch hält er es? Ich bin letzthin von jemand darüber befragt worden. Es ist doch entsetzlich daß man selbst in Leipzig so viele Bücher nicht bekommen kann – Von den letzten zettel den ich Gödicken durch Sie zuschickte, habe ich nicht mehr als zwey Bücher erhalten, und die übrigen müßen erst verschrieben werden – Und dieses Verschreiben selbst verzieht sich so lange daß es den geduldigsten Menschen aufbringen würde; so ist es z. E. [?] wohl schon ein halbes jahr, daß mir H. Reich hat versprechen laßen, mir das Werk von Faßung [?] der Juwelen aus Frankreich zu verschreiben, ohne es noch zu haben; Wenn ich m ich nicht auf dieses Versprechen verlaßen hätte, so könnte ich es schon längst durch Bosen bekommen haben. Über das, was Sie mir von dem H. von Tauber [Truber?] sagen bin ich einigermaßen erstaunt, denn ich habe würklich geglaubt, daß er Legations-Rath geworden wäre wie dieses von einem H. von Tauber [Truber?] in den Zeitungen gestanden hat; Wie weit glücklicher gegen ihn sind Bose und ich! ob er uns gleich beyde in Leipzig so vernünftlich [?], begegnete und in seinen Gedanken uns wohl alles Glück in der Welt absprechen mochte – Wie ich gehört habe, so ist der Bruder Ihres Schulenburgs itzo in hiesiger Gegend, nebst 6 oder 10 andren Officiers, die für die Armee Pferde einkaufen – Ohnfehlbar wird er bey dieser Gelegenheit seinen Bruder besuchen.